Derealisation

Veröffentlicht am 14. März 2023 um 18:50

Nachdem ich mich über viele Wochen und Monate im psychischen Dauerstress befunden hatte, verzerrte sich immer mehr meine Wahrnehmung. Ich konnte nicht mehr einordnen, was wirklich war und wo eine Straftat begann. Die ständige Angst, bestraft zu werden, hatte ihre Macht über meine Gedanken ergriffen.

 

Es fühlte sich so an, als wäre nur für mich allein ein eigenes Strafgesetzbuch erschaffen worden, das viel strenger war als für den Rest der Menschheit. Und gleichzeitig wusste ein Teil von mir zu jeder Zeit, dass das nicht der Realität entsprach. Meine Ängste und Zwänge waren aber so stark, dass ich mich nicht mehr von den Gedanken lösen konnte und ich mich fühlte, als wäre ich in einem Alptraum gefangen. Ich zweifelte grundlegende und existenzielle Dinge an.

 

Zum Verdeutlichen möchte ich hierzu gern ein Beispiel erzählen. Ich hatte phasenweise starke Angst, bei der Polizei angezeigt zu werden, wenn ich aus Versehen im Vorbeigehen jemanden am Arm streifte. Es fühlte sich wie ein schwerer Übergriff an, für den ich hätte bestraft werden können. Wenn ich dann beispielsweise googelte, ob dies strafbar war, zweifelte ich im Anschluss an, ob ich denn überhaupt richtig lesen und die deutsche Sprache verstehen konnte. 

 

Alles, was ich tat, fühlte sich strafbar an, auch wenn ein Teil von mir gleichzeitig wusste, dass es das nicht war. 

 

Was mir hierbei half, war erneut die Akzeptanz der Ungewissheit. Bei Zwangsthemen ist dies extrem schwierig, denn kein Mensch möchte gern akzeptieren, dass er beispielsweise ein Straftäter sein könnte. Das Aushalten der Zwangsgedanken lohnt sich dennoch, denn ich konnte die Zweifel besiegen.

 


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